Regelmässige Leser dieses Blogs und Kenner des Werkes von John P. Strelecky wissen es längst. Für alle Erstbesucher auf dieser Seite ohne eine vorherige Berührung mit seinen Büchern: Das Big Five for Life Konzept ist die Beschreibung dessen, „was wirklich zählt im Leben.“ Es dreht sich um den Erfolg. Klar also, dass mich dieser Autor fasziniert hat, dessen Essay über „die Katastrophe des Erfolges“ ich in der Harvard Business Review fand: Andreas Kluth, Deutsch-Amerikaner, Großneffe Ludwig Erhards und Korrespondent des „Economist“ in Los Angeles hat ihn publiziert, um sein Buch „Hannibal and me. What History’s Greatest Military Strategist Can Teach Us About Success And Failure vorzustellen.
Um es vorweg zu nehmen: Das Buch steht hoch auf meiner Leseliste, nicht nur weil diese Rezension im New York Journal of Books nahelegt, dass es wirklich lesenswert sein wird. Auch die persönlichen Statements von Andreas Kluth in diesem Podcast und in diesem MSNBC-Interview machen mich sehr neugierig.
Dennoch: Einen kritischen Kommentar auf den ziemlich ambivalenten Titel in der Harvard Business Review konnte ich mir nicht verkneifen. Denn darin setzt Kluth zwei Grundverschiedene Dinge gleich: Erfolg und Triumph. Die „Katastrophe des Erfolges“ ist sein Beitrag überschrieben. Gemeint ist damit die Ambivalenz großen öffentlichen Ruhmes, den Künstler, Nobelpreisträger und Herrscher erfahren, bevor sie – zumindest in einigen Fällen – zu Schatten ihres früheren Selbst verblassen. Die dunkle Seite des „Erfolges“, die sich dann zeigt, wenn dieser „Erfolg“ sich nicht wiederholt. Der zu einem „üppigen Tantiemen-Scheck und einem nierenförmigen Swimmingpool in Beverly Hills“ verkommt, wie es der Bestsellerautor Tennessee Williams einmal karikierte. Oder der zu traumatischen Niederlagen und persönlichen Katastrophen führen kann, wie im Fall zahlreicher hochgejubelte Stars, die sich in ihrer Einsamkeit dem Alkohol und Drogen hingaben. Das Beispiel Witney Houstons ist zu jung, um in dieser Reihe des Buches von Andreas Kluth enthalten zu sein.
Der Autor zitiert zutreffende Beispiele, doch er irrt in der Terminologie: Was er als katastrophale Seite des „Erfolges“ beschreibt, auf die sich jeder „Erfolgreiche“ beizeiten einstellen soll, um seine Stellung und die persönliche Würde nicht zu verlieren, hat tatsächlich nichts mit Erfolg im eigentlichen Sinne zu tun. Erfolg, so jedenfalls definiert es das Big Five for Life Konzept, ist das, was wirklich zählt im Leben. Und das ist höchst persönlich und etwas anderes als die Erwartung einer kritischen Öffentlichkeit oder ein Platz in der Weltgeschichte für die Verdienste der Vergangenheit.
Jeder Künstler ist gut beraten, sich nicht nach dem Geschmack der Kritiker zu richten, sondern nach seinen eigenen Ansprüchen an seine Ausdrucksform. Genügt er diesen selbst nicht mehr, wird es höchste Zeit sich dem „Warum“ dieser Ansprüche zu widmen. Auch Politiker haben eigene Big Five for Life. Politik zu machen kann dazu gehören. Oftmals ist es jedoch die Gewöhnung an öffentliche Anerkennung oder Amtsprivilegien, die zur treibenden Kraft werden. Amtsverlust wäre danach jedoch kein ausbleibender Erfolg, sondern viel eher eine Erinnerung des Schicksals daran, sich wieder auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist im Leben. Unterbleibt diese Rückbesinnung auf die wirklich großen Dinge, indem man sich an die materiellen Verlockungen bindet (Ruhm und Anerkennung), ist man auf dem Weg zum katastrophalen … Scheitern!
Erfolg ist stets sehr persönlich und nicht von außen zu beurteilen. Kluth scheint das in seinem Buch zu berücksichtigen, in dem er mit Blick auf viele Biografien dafür plädiert, die Merkmale des Erfolgs stets neu zu definieren und sich auch von extrinsischen Erwartungen zu befreien. Es wäre interessant zu erfahren, was er von John Strelecky und den Big Five for Life hält. In einem sind sie sich sehr ähnlich: Wie auch Andreas Kluth hält auch John Strelecky Niederlagen oftmals für den Grundstein des Erfolges. In seinem jüngst auf deutsch erschienenen Buch „REICH und GLÜCKLICH“ ist dem mehr als ein Kapitel gewidmet.
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