»Gutmenschen haben kein Interesse daran, dass Menschen stark und unabhängig werden. Denn das bedeutet Machtverlust!« Als ich diesen Satz von Boris Grundl hörte, war mir klar, dass ich sein neuestes Buch lesen musste. Wahrscheinlich hätte ich es ohnehin gelesen, weil ich bis dato noch jedes Mal von seinen Themen und Inhalten positiv überrascht worden bin. Herr Grundl ist eine Persönlichkeit, die ihre Wirkung – auch darum geht es übrigens im Buch – auf andere aus eigener Leistung und absoluter Unabhängigkeit und Flexibilität heraus erzielt. Und aus angemessener Bescheidenheit. Niemals nimmt Boris Grundl für sich in Anspruch, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein. Immer macht er unmissverständlich klar, dass er über seine eigenen Erfahrungen und seine Wahrnehmemung spricht. Das gefällt mir, denn es lässt dem Zuhörer oder Leser die Freiheit, sich eine eigene Meinung zu den Inhalten zu bilden, ohne unter einen Anpassungsdruck zu geraten. Wie auf einem Büffet, bietet Grundl seine Einsichten an und lädt die Zuhörer und Leser ein, den Inhalt auf sich selbst wirken zu lassen. Freilich bedeutet es nicht, dass Grundl zu einem beliebigen „Nimm, was dir schmeckt und wirf alles in einen Topf. Es wird gut werden“ rät. Systematisches und ehrliches Befassen mit den Inhalten, getragen von dem Ziel, den Absender verstehen zu wollen, ist das, was Grundl empfiehlt. Auch das gefällt mir, denn nur so lassen sich Voreingenommenheit und Beliebigkeit am besten ausschliessen.
Diktatur der Gutmenschen ist erschienen im ECON-Verlag, Berlin, und kostet 19,95 €
Es ist ein Buch, was sich nicht als unverbindliche Wohlfühl-Lektüre versteht. Boris Grundl will mit dem Buch etwas bewirken. Dazu argumentiert er ganz bewusst kontrovers und streitbar. Schon der Titel ist eine Provokation. Allerdings ist Grundl weit davon entfernt, sich in das Fahrwasser der Kritiker von Political Correctness oder anderer weltanschaulich voreingenommenen Strömungen zu begeben, wonach mit Gutmenschen moralisierende, naive oder politisch links stehende „Weltverbesserer“ gemeint seien. Gutmenschen sind vielmehr in allen Schichten, Berufgruppen oder politischen Richtungen vorhanden. Es sind jene Menschen, denen es zunächst und vorwiegend um ihre eigene Position geht, jedoch nicht – wie im Eingangszitat deutlich wird – um das Wohl anderer Menschen. Es sind Menschen, die hohe Ansprüche und Forderungen stellen – die sie an die Adresse anderer richten.
Das Gegenteil eines Gutmenschen, so Grundl, ist der Menschenentwickler. Dieser ist sich seiner Wirkung bewusst, ohne auf den kurzfristigen Affekt zu zielen (»Die eigene Wirkung muss zum Kompass werden«, S. 180). Er ist geistig flexibel, »und findet Lösungen, wo andere nur die ewig gleichen Probleme sehen und deswegen resignieren« (S. 194). Er hat ein natürliches Verhältnis zu Macht, die sich bei ihm mit Verantwortung paart (»Die Ausrede, man brauche doch gar keine Macht, um zu wirken, zählt nicht. Sie ist nur die Angst vor der Verantwortung. Die Angst zu scheitern.« S. 203). Der Menschenentwickler hat gelernt, mit Schmerz und Leid umzugehen (»Zugewinn durch Triebverzicht«, S. 213) und kann Anerkennung für die Leistungen anderer ausdrücken, ohne Neid zu spüren (»Anerkennung für Leistung ist wichtig. Und sie ist auch gerecht.« S. 222). Und er ist vor allem gewiß, dass er nicht besser ist als andere, sondern anders (S. 233). Er hat Charakter und kann sich so nehmen, wie er ist. Er weiß, dass in jedem, auch in ihm ein Gutmensch angelegt ist (»Wenn Sie glauben, ich sei der perfekte Menschenentwickler, muss ich Sie leider enttäuschen.« S.251) Das Ziel des Menschentwicklers ist es, »aus sich selbst heraus strak zu werden und nicht auf Kosten anderer« (S. 261). Und Grundl zeigt allen, wie das geht: »Konfrontiere dich erst ehrlich mit dir selbst, dann entwickle das in dir, das schon immer in dir angelegt ist, und dann koste das Leben aus, indem du die Mitte zwischen extremen Polen findest« (S. 237). Für mich war dies die Definition der Big Five for Life in den Worten Boris Grundls.
Ich hatte das Vergnügen, für den MyBigFive-Podcast selbst mit Boris Grundl über seine Erfahrungen und sein neuestes Buch zu sprechen. Als sich diese Gelegenheit bot, habe ich nicht lange gezögert. Boris Grundl ist ein ganz besonderer Wer, den ich mir und meinen Hörern nicht vorenthalten durfte. Es war ein wirklich spannendes Gespräch über Macht, Verantwortung, Charakter – und Menschenentwicklung. Hören Sie selbst!
Lieber Uwe,
eine treffende Besprechung des Buches von Boris Grundl. Vor ein paar Tagen, auf dem Weg von Berlin nach Hause, stieß ich zufällig auf dieses Buch in der Bahnhofsbuchhandlung. Am Tag nach der Heimfahrt hatte ich es durchgelesen. Der „Grundl-Virus“ hatte mich erwischt. Eines ist mir besonders hängen geblieben. Was zählt, sind die Ergebnisse, die Menschen durch ihre Arbeit erzielen – nicht ihre Ankündigungen. Dazu dann aber bitte nicht der Blick auf die Anderen, sondern der Blick auf mich selbst. Was bedeutet dieser Anspruch für mich und mein Tun.
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erinnert mich auch an meine schwiegereltern,,
zb–wir meinen es doch nur gut mit dir.die brauchen billiges pflegepersnal!!