Was haben der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg und die Academy Awards 2011 gemeinsam? Möglicherweise wäre Karl-Theodor zu Guttenberg heute noch im Amt, wenn er den Oscar gekrönten Film The King’s Speech gesehen hätte. Oder die Big Five for Life gelesen und verinnerlicht. Ganz recht: Beide Werke zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt: auf Leidenschaft für das, was wir tun. Und nicht auf formale Qualifikation!
Ich glaube, Karl-Theodor zu Guttenberg ist Opfer eines Systems geworden, welches mehr Wert auf Schein legt, denn auf Sein. Er ist deshalb Opfer geworden, weil er dieses System zu beherrschen glaubte. Doch es ist nicht beherrschbar. Weil es nicht menschlich ist.
Ich glaube, Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein ehrenwerter und fähiger Mensch. Ja, das glaube ich. Nicht weil ich Herrn zu Guttenberg persönlich kenne, aber ich kenne den Politikbetrieb, in dem er einen rasanten Aufstieg hingelegt hat. Dieser Politikbetrieb hat jedoch seine eigenen Gesetze. Enoch zu Guttenberg, der Vater des nun resignierten Politikers, hat das so beschrieben: es ist ein „Haifischbecken„. Und er nannte seinen Sohn einen „Delfin„ in diesem Becken. Nichts könnte die Tragik dieser Affäre treffender beschreiben!
Ja, Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein Delfin im Haifischbecken gewesen. Er hätte die vermaledeite Dissertation nicht gebraucht, um seine Eignung als Politiker und Führungskraft zu beweisen. Leider ist das System so angelegt, dass dergleichen formale Qualifikation im Alltag und im politischen Betrieb überschätzt wird. Vieles scheint leichter zu gehen, wenn der Doktor auf dem Türschild steht, selbst auf den Verdienst wirkt es sich positiv aus. Und politische Bewerber haben mit Doktorgrad in der Regel bessere Chancen.
Selbst in der Wissenschaft ist jedoch Doktor nicht gleich Doktor. Selten sind es wirklich bahnbrechende Erkenntnisse, die mit einer Dissertation zutage gefördert werden. Ich selbst habe eine Promotion sprichtwörtlich angeboten bekommen, an der außer meinem Doktorvater, der ein entsprechendes Forschungsprojekt bearbeitet hat, wofür ihm meine Ergebnisse nützlich waren, kaum jemand Interesse hatte. Für meine heutige Tätigkeit hat sie keinerlei Bedeutung. Genau so verhält es sich mit der Arbeit Karl-Theodors zu Guttenberg, dessen politisches Wirken darauf nicht angewiesen ist. Möglicherweise wollte er einfach nur schneller oder endlich fertig werden und hat deswegen fünfe gerade sein lassen. Das war ein Fehler, für den er nun einen um so bittereren Preis zahlen muss, da er sich zwischenzeitlich auf fragwürdige Weise verteidigt hat.
Was wirklich zählt im Leben ist jedoch keine formale Qualifikation, sondern ist Erfüllung. Genau das ist das Beispiel im Film The King’s Speech mit Colin Firth. Im Film, der vier Oscars gewonnen hat, spielt Geoffrey Rush die tragende Nebenrolle des Sprachlehrers Lionel Logue, der dem stotternden Herzog von York und späteren König George IV von Großbritannien hilft, sein Leiden zu überwinden.
Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit. Logue hat tatsächlich einen sehr großen Anteil an der sprachlichen Genesung Georg IV. Das besondere: Logue war Autodidakt ohne formale Qualifikation. Er hat seine Berufung entdeckt, nachdem er Veteranen des Ersten Weltkrieges half, ihre durch traumatische Kriegserlebnisse erlittenen Sprachstörungen zu überwinden.
Im Film von Tom Hooper gibt es eine bezeichnende Szene, als Logue 1936 nach dem Thronverzicht seines Bruders Edward VIII (wegen der Beziehung zu Wallis Simpson) mit George VI die Krönungszeremonie sprachlich einübt und vom Erzbischof von Canterbury als Hochstapler ohne fachliche Qualifikation angeklagt wird. Der neue König vertraut jedoch der Leistung seines Lehrers, der ihn bereits seit 1926 betreut hatte. Es kommt nicht auf die Qualifikation an, sondern darauf, ob man „die eigene Sache“ gut macht. Genau das ist die Essenz der Big Five for Life!
Auch für Karl-Theodor zu Guttenberg hat das Konzept der Big Five for Life eine Perspektive, trotz des nun traumatischen Sturzes: Nichts geschieht ohne Grund, sagt Ma Ma Gombe in der Safari des Lebens. Auch schmerzvolle Ereignisse können eine positive Bedeutung haben: Es sind Erinnerungen daran, dass wir uns auf das konzentrieren sollen, was unsere wirklichen Träume sind. Was wie freundliche Berührungen an der Schulter beginnt, kann sich zu einem wahren Sturm mit Blitz und Donner ausweiten, wenn wir nicht darauf eingehen. Für Karl-Theodor zu Guttenberg war es dieser Rücktritt. Es ist an ihm, sich auf das zu besinnen, was wirklich zählt im Leben. Dazu braucht es keinen Doktortitel!
Lieber Uwe,
wie immer hast Du den Punkt getroffen und ich stimme zu 100 % mit Deiner Ansicht überein!
Im Buch „Delfinstrategie“ wird sehr gut eben dieses Verhalten der Haie, Delfine und der Karpfen (das würde in dem Fall die „normale Bevölkerung“ darstellen, die glaubt, sich gegen die Haie nicht wehren zu können) beschrieben. Erschreckend finde ich, mit welcher Arroganz, Überheblichkeit und Ignoranz vorgegangen wird, nur um zu schaden. Sehen solche Leute wie z.B. S. Gabriel nicht, dass sie sich eher damit schaden – und vor allem: Wer reflektiert auf solche Aktionen? Was wird im Menschen angesprochen, außer Mißgunst, Beschuldigung und Schadenfreude? Diese Menschen sind sich ihrer Verantwortung in keinem Fall bewusst. Macht um er Macht willen – nicht um etwas Positives zu bewirken…
Hier zweifele ich manchmal an unsere Form der Demokratie, wenn – übertragen auf o.a. Beispiel – die Karpfen den Hai wählen sollen, der verspricht am wenigsten von ihnen zu fressen und sich die Define einfach heraushalten. War nicht Fischer auch mal ein Delfin und wurde von dem System so assimiliert, dass er zum Hai mutierte – oder kam sein „innerer Hai“ erst durch das Umfeld zum tragen?
Ein gesundes Umfeld, in dem Wachstum möglich ist, jeder seinen Platz finden kann und Fehler erlaubt sind – das zu erschaffen streben viele Familien an! Schade ist, dass man solche Wünsche an unsere Politiker schon gar nicht mehr äußert – denn, mal ehrlich, trauen wir es diesen Menschen zu?!
Hallo Dirk,
ich glaube, ein grundlegendes Problem allen menschlichen Zusammenseins ist, dass es Ordnungen bedarf, die sich die Menschen selbst gestalten (müssen). Und jeder, der bei einer gestalteten Ordnung zu kurz zu kommen glaubt und sich dagegen wehren will, muss sich möglicherweise mindestens für die Überwindung außerhalb dieser Ordnung stellen. Wenn es ihm nicht gelingt die Ordnung zu überwinden und von ihr vereinnahmt wird, hat er diesen Makel lebenslang. Wer um den Makel zu meiden die Überwindung einer als falsch empfundenen Ordnung erst gar nicht zu versucht mag makellos sein, ist aber dann solange nicht in Ordnung, solange er seine Meinung behält.
Und so kann jeder entscheiden, ob er makellos oder in Ordnung sein will oder gar auf beides verzichtet …
Jo (weder makellos noch in Ordnung)
Ich habe selten solch einen Blödsinn gelesen.
Dass ein Doktortitel hauptsächlich dazu dient zu beeindrucken, ist bekannt, und auch Karl-Theodor hat ihn sich (auf dubiose Art und Weise) nur zugelegt, um sich im Amt des Verteidigungsministers besser zu machen.
Dennoch gibt es Spielregeln für wissenschaftliches Arbeiten und fremdes Gedankengut für sein eigenes ausgeben ist nichts anderes als Betrug und ein sich schmücken mit fremden Federn.
Karl-Theodor ist nicht Verteidigungsminister geworden, weil er besonders geeignet wäre, sondern weil seine Herkunft und die daraus resultierende Möglichkeit, sich den Doktortitel erkaufen zu können, ihm alles in den Schoß haben fallen lassen, was man braucht, um in diesem Leben Karriere zu machen. Diese Karriere wurde ihm nachgeschmissen und seine Überheblichkeit bis zum bitteren Ende, seine Fehler herunter zu spielen, machen seinen Abgang alles andere als glaubwürdig. Es ist eh nur ein Abgang auf Zeit. Die Hintertür steht bereits offen und er wird schneller wieder da sein, als vernünftigen Leuten wie mir lieb ist. Einer, der 7 Jahre braucht, um eine Doktorarbeit abzuschreiben, kann nicht besonders fähig sein. Und dass er, obwohl er nur das erste Staatsexamen abgelegt hat, eine Ausnahmegenehmigung bekommen hat, um überhaupt promovieren zu können, zeigt ebenfalls deutlich, wie der Hase läuft. Und wenn der Doktorvater, der sich jetzt so falsch empört, ihm damals das „Summa cum laude“ nachgeworfen hat (weil vielleicht als Dankeschön für diese „Nachsicht“mehrere hundert tausend Euro von einer Stiftung seiner Familie in den Jahren nach seiner Promotion an die Uni geflossen sind?) sollte dem letzten mit Tomaten auf den Augen versehenen Bürger dieses Staates endgültig die Augen geöffnet haben, was für ein Schmu unter den Honoratioren dieses Landes betrieben wird.
Hallo Birgit,
Ich hab keine Ahnung, was du ansonsten für Weisheiten liest. Aber du scheinst zu wissen, wer was warum tut. Warum tust du, was du tust? Was bewegt dich? Kennst du deine Big Five for Life?
Sie scheinen immer die gleichen Sätze und Kommentare drauf zu haben 🙂
Es geht einzig und allein um eine Sache:
Ist es Betrug, fremdes Gedankengut für das eigene auszugeben und verstößt dies gegen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens? Die klare Antwort lautet: Ja!
Und ist es möglich, dass der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit nicht vorsätzlich handelt, wenn er aus zig verschiedenen Quellen ellenlange Textpassagen sogar ins Herzstück einer Dissertation, der Einleitung, die eigentlich sehr persönlich abgefasst sein sollte, kopiert und dies nicht durch Fußnoten kenntlich macht? Und hier lautet die eindeutige Antwort: Nein!
Dies zu Deiner Kritik auf fette-henne.de, man hätte erst prüfen müssen, inwieweit die Vorwürfe berechtigt sind, also Vorsatz unterstellt werden kann. Dass es da nichts mehr zu prüfen gibt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die Passagen zu 100% abgekupfert worden sind, ist eindeutig.
Es ist völlig nebensächlich, warum Guttenberg das getan hat. (Wahrscheinlich, weil er es alleine nicht hingekriegt hätte.) Er hat es getan, und solche Leute haben in Ämtern, die von Menschen bekleidet werden sollten, die sich vorbildlich verhalten, nichts zu suchen. An diesem moralischen Anspruch ändert auch die Tatsache nichts, dass gerade in solchen Ämtern und hohen Wirtschaftspositionen oft die größten Gauner sitzen (Hartz, Zumwinkel, Berlusconi etc.).
Zu Deinen Fragen zu mir: In diesem Zusammenhang kann ich nur sagen, dass ich in allem was ich tue, immer höchsten moralischen Ansprüchen genügen möchte, und deshalb habe ich diesen Anspruch auch immer an andere.
Es ist immer wieder bemerkenswert, wie direkt so ein Hype verglüht. Durch Libyen und Japan ist zu Guttenberg von einem Tag auf den anderen entschwunden. Man hat noch den Großen Zapfenstreich mit Smoke on the water in Erinnerung, seit dieser Zeit liest und sieht man nix, weder von Guttenberg selber noch von seinen angeblich vielen Fans.
Liebe Birgit,
dann wünsche ich Dir für Dein Leben, dass es dich nicht ebenso wie die Pharisäer in NT einmal auf die Nase haut und Du aus Versehen vor lauter Moralanspruch einen wahren Menschen an die Wand stellst, der zwar etwas anders tickt als Du, aber der Dich liebt.