Balance-Professor Todd Burrier ist ein guter Freund. Er ist seit mehr als 25 Jahren erfolgreich damit, Menschen zu helfen, ihre Persönlichkeit und Unabhängigkeit zu entwickeln. Todd benutzt häufig ein beliebtes Bild, um die Fülle des Potenzials zu verdeutlichen, das in uns steckt ist. Es ist das Bild der stattlichen Eiche, die sich aus einem kleinen und unscheinbaren Samen entwickelt, der sich in einer Eichel verbirgt. Von außen ahnt man nicht, welche Kraft, Schönheit und Üppigkeit in diesem kleinen, rundlichen Wunder schlummert.
Ich hatte vor einiger Zeit Gelegenheit, in meiner Arbeit mit einer Führungskraft auf dieses Bild zu verweisen. Meine Gesprächspartnerin führt seit einigen Jahren ein eigenes Unternehmen. Stattliche Erfolge wurden schnell nach der Unternehmensgründung erreicht und gemeinsam mit einem Partner hat die Frau ein vielköpfiges Team aufgebaut, das ihre Leistung nicht nur schätzt, sondern sie in vielem auch als Vorbild und Mentorin betrachtet. Sich selbst betrachtete die Frau dennoch als wenig kraftvoll und mit dem Thema Erfolg hatte sie ihre ganz persönlichen Probleme.
Was ihr gelang, seir „nichts besonderes“, weder in ihrer Fima, noch als Mutter oder Ehefrau. Und die Souveränität, mit der andere den eigenen Erfolg „zelebrierten“, so bekannte sie, hätte sie auch gerne gehabt. Besonders unzufrieden war sie jedoch mit ihrer bis dato bereits jahrelangen Suche nach einem Ort, an dem sie sich „zuhause“ fühlen konnte. Fast schien es, so sagte sie einmal, als habe sie das Schicksal der Vertreibung von der Generation der Eltern und Großeltern übernommen.
Sie erinnerte sich zum Beispiel noch genau, wie sie als Zehnjährige während einer gemeinsamen Zugreise einmal die Unterhaltung ihrer Großmutter mit einer anderen Reisenden über das „Elend von Dresden“ mitverfolgt hatte. Gemeint war damit das Leid durch Zerstörung und Flucht aus der bombardierten Stadt im Februar 1945. Es hat mich bewegt, wie plastisch jenes Ereignis im Bewusstsein der Frau präsent war, die erst geschätzte zwanzig Jahre später geboren werden sollte.
Es war offenkundig, dass Geborgenheit und Sicherheit für meine Gesprächspartnerin eine starke Überlagerung durch den geografischen Heimatbegriff erfahren hatte. Zuhause sein war ein überragender Wunsch geworden, eine Sehnsucht, die sich jedoch zu einem nahezu unerfüllbaren Ideal entwickelt hatte. Denn egal wo sich die Frau im Laufe ihres Lebens mit ihren Eltern, im Studium oder mit der eigenen Familie wiederfand: zuhause fühlte sie sich nicht.
Im Rahmen unseres Gespräches freundete sie sich mit dem Bild an, welches Ma Ma Gombe in der Safari des Lebens beschreibt. Meine Gesprächspartnerin hatte das Buch gelesen und konnte sich vorstellen, dass das Leben quasi Abbild und Ergebnis einer Aufgabenstellung wird, die wir uns selbst aussuchen. So wie Ma Ma Gombe und Jack das spirituelle Bild entwerfen, dass es etwas gibt, was vorher war, bevor wie geboren wurden, und etwas, was kommt, wenn wir dieses Leben wieder verlassen, konnte sich auch meine Gesprächspartnerin vorstellen, dass sie sich ihre Aufgabe, eine Heimat zu suchen, selbst gewählt hat, bevor sie geboren wurde. Die Schwierigkeit für sie lag darin, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wie Heimat oder zuhause etwas anderes sein konnten, als ein geografischer Ort.
Für einige Zeit habe ich versucht, mit einem Bild aus der Quantenphysik zu verdeutlichen, was auch gemeint sein könnte: so wie ein Elektron sowohl Materie als auch Welle sein kann und sich die Eigenschaft im wesentlichen nach der Erwartung und Position des Betrachters mal so und mal so ausprägen kann, ist es auch mit dem Zuhause: es kann ein geografischer, aber auch ein ideller, geistiger Ort sein. Doch ich habe damit noch nicht wirklich überzeugen können.
Mithilfe des Bildes von Todd Burrier ist es dann gelungen, der Frau zu einem A-ha-Erlebnis zu verhelfen: Von einigen grundsätzlichen Bedingungen abgesehen ist es der Eiche egal, wo die Eichel zu Boden fällt oder wohin sie getragen wird. Darin, hinter der dünnen Schale ist alles enthalten, was der Baum benötigt. Darin befindet sich das Programm, was die Wurzeln Halt finden, den Stamm fest und die Krone dicht werden lässt. Die Heimat der Eiche ist nicht der Ort, an dem sie steht. Es ist der Samen, aus dem sie erwächst.
Und in diesem Sinne ist es uns selbst überlassen, uns „nur“ als kleine unbedeutende und schmucklose Eichel zu betrachten, oder uns als stattlicher Baum zu sehen, der Pracht entfalten und Wind und Wetter trotzen kann. Wenn wir täglich unser Bestes geben und unseren Zweck der Existenz erfüllen, sind wir zuhause!
Hallo lieber Uwe,
es ist merkwürdig: das Thema ist ´meins´ und es hat mich heute (gestern) auf dem Weg von KA nach K intensivst ´begleitet´ … es war so intensiv in meinem Kopfe: ´ich möchte nach Hause´ (gleich einem ´Ohrwurm´) – mir war aber klar, dass ich damit nicht meine Heimatstadt oder meine Wohnung meinte … bis ich an einer Autobahnraststätte folgendes Erlebnis hatte: Tatort: Damentoilette – aus den Gesprächsfetzen der anderen Damen kamen mir einige Vokabeln / Beschreibungen sehr bekannt vor – ohne lange zu überlegen, wie ich andeuten könnte, dass diese Damen und ich Gemeinsamkeiten haben, platzte ich dann raus: ´Seid ihr auch auf dem Weg nach Hause?´ ´Ja!!!! Und woher????´ Kam die erstaunte Antwort. Ich so: ´KA!!!´ Gemeinsames, herzliches Lachen!! Wir hatten die Gemeinsamkeit entdeckt und aufgedeckt. Ich machte mich erst mal wieder aus dem Staub. Oben im Lokal haben wir uns dann nochmal wiedergetroffen und für die Tasse Kaffee (und meine Portion Eis) zusammen am Tisch gesessen und uns über unser wochenendliches Event (dessen Teilnahme war nämlich unsere Gemeinsamkeit – da waren schätzungsweise 3000 Teilnehmer) ausgetauscht. Und was ich da in den 15 bis 20 min Austausch erlebt habe, das würde ich gefühlt als ´zuHause´ bezeichnen!!! Es war fast so als wenn wir uns schon kennen würden und konnten ´aus dem vollen schöpfen´ beim erzählen. Es war einfach unglaublich!
Und jetzt wo ich deinen Blog lese, wird dieses Thema schon fast substantiell … 🙂 oder besser mir wird jetzt klar, dass es für mich eine Metapher ist!
Danke für deine Zeilen und herzliche Grüße, Andrea Zentay (Köln)